Reiner Wagner

Baumschatten, 2009

Öl auf Leinwand
40 × 50 cm
Signiert und datiert
Provenienz:
Atelier des Künstlers;
Privatsammlung, Süddeutschland

Über den Künstler

Reiner Wagner wird 1942 in Hildesheim geboren. Aus einer Musikerfamilie stammend, lernt er bereits als Kind Geige, dann Klavier zu spielen und singt in einem Knabenchor. 1957 entdeckt er bei einem Aufenthalt auf der Insel Korsika seine Liebe für die Malerei. Nach Abschluss seiner Schulzeit entscheidet sich Wagner schließlich gegen eine Laufbahn als Musiker und studiert von 1961-1964 zunächst an der Akademie der Bildenden Künste München (bei Hermann Kasper), dann an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. 1965 siedelt Wagner mit seiner Frau Ingrid nach Korsika über, wo erste Landschaftsbilder der Mittelmeerinsel entstehen. Mit der Geburt des ersten Sohnes zieht Wagner zunächst nach München, mit der Geburt des zweiten Sohnes an den Starnberger See. Es entwickelt sich eine freundschaftliche Verbindung mit der Galerie Günther Franke, München, die den Künstler von 1972-1977 vertritt, mit der Galerie Gunzenhauser, München, die Wagner von 1978-2001 ausstellt und dessen Werk betreut (1996 Werkverzeichnis, 1965-1995), sowie dann ab 1989 mit der Galerie Koch in Hannover. 1979 erfolgt Wagners erste museale Ausstellung im Stadtmuseum Weilheim (auch 1981, 1992, 2002), der Ausstellungen im Stadtmuseum Schongau folgen (1990, 1994). Bis heute zeigt Wagner seine Werke regelmäßig in der Galerie Koch in Hannover. – Wagners Werk beinhaltet Ölbilder, Aquarelle sowie Holzschnitten von Landschaften und Stillleben. Seine Landschaften reflektieren stets seine Lebensumgebung, einerseits das bayerische Alpenvorland vom Starnberger See südwärts in Richtung der Orte Iffeldorf, Kochel, Murnau mit ihren Seen, Mooren sowie Bayerischen Voralpen, von den Walchenseebergen und dem Walchensee über Krün, Wallgau bis hin zum Karwendelgebirge, andererseits die westkorsische, mediterrane Gebirgslandschaft mit dem Meer, die der Maler bis heute in den Sommermonaten besucht. Wagners Landschaften, auch wenn an der sichtbaren Wirklichkeit orientiert, sind jedoch keinesfalls Veduten, sondern reduzieren die geschaute Natur auf ihre wesentlichen Formen, reflektieren ihre atmosphärische Gestimmtheit sowie das Erleben des Malers selbst, seine Zwiesprache mit der Natur. Wagners Landschaften bestehen oftmals in klar voneinander getrennten und im Bild teils parallel übereinander geschichteten Landschaftszonen. Die Farbpalette ist auf wenige Farben reduziert bis hin zur Konzentration auf nur einer Farbe in verschiedenen Hell- und Dunkelabstufungen (z.B. Walchenseebilder). Durch den Verzicht auf Details, die Tendenz zur Zusammenfassung der Vielfalt in wenige große Flächen, die Reduktion des Farbenreichtums wird das Naturvorbild vereinfacht, abstrahiert, das Auge kann verweilen. Anmutungen wie Ernst, Ruhe, Innerlichkeit, Einsamkeit, Leere, aber auch Heiterkeit und Klarheit gehören zu seinen Landschaftsbildern.
Obwohl der Mensch in den Landschaften von Reiner Wagner fehlt, zeigt er dennoch nicht die unberührte Natur. Wege, Stadel, Gehöfte, Bootshäuser, die der Künstler auf ihre Grundformen reduziert darstellt, zeugen von der Anwesenheit des Menschen. Die Dächer der Stadel bilden mit ihrer Farbgebung in Rot, Orangerot, Blau oder Violett oftmals einen deutlichen Farbakzent in der Komposition, teils komplementär zum Grün der Flora oder dem Blau des Himmels und der Berge; ein gestalterischer Eingriff in das topografisch Gegebene, der unterstreicht, dass Wagners Landschaftsbilder nicht Abbild des Gesehenen sind, sondern eine geistige Verarbeitung des Geschauten. Diese kennzeichnet auch Wagners Stillleben, die Gegenstände aus seiner unmittelbaren Lebens- und Arbeitsumgebung zeigen: Tassen, Schallen und Teller, Früchte, einzelne Blumen in oftmals gläsernen Gefäßen sowie die Arbeitsmaterialien des Malers, Farbtuben, Kreiden, Farbdosen und Pinsel. Den Schaffensimpuls löst zumeist eine zufällige Konstellation dieser Gegenstände aus, doch sind auch seine Stilleben streng komponiert und durch dieselbe Askese wie seine Landschaftsbilder gekennzeichnet. Nur wenige Gegenstände nehmen die Kompositionen ein, sie werden in intimer, raumloser Art zur Schau gestellt. Der Blick kann ganz auf den einzelnen Objekten ruhen, ihre Präsentationsflächen sowie der Hintergrund sind meist annähernd monochrom gestaltet. Die leicht abstrahiert dargestellten Objekte sind in ihren Umrissen fest und klar konturiert, ihre Farben leuchtend, von der ursprünglichen Gegenstandsfarbe frei gesetzt und zu den Farbtönen von Standfläche und Hintergrund in Beziehung gesetzt. Deutlich wird, dass Wagner auch in den Stillleben keine Mimesis anstrebt, sondern mittels der geistigen Verarbeitung des Gesehenen zu einer anderen, neuen Schöpfung kommt. Nicht ohne Grund wird ein 2006 mit Reiner Wagner geführtes Gespräch mit Johann Wolfgang von Goethes Aphorismus eingeleitet: „Kunst: eine andere Natur, auch geheimnisvoll, aber verständlicher; denn sie entspringt aus dem Verstande.“